Angst ist ein Tanz

Du fragtest:
„Wie verschieden zeigt sich Angst? – Was ist, ohne jede Hoffnung zu sein? – Wie siehst du das?“ – :
Es gibt nur Sein. – Alles was erscheint ist der Geliebte. Wenn Sein als wilde Angst erscheint – (und ohne Geschichte) – erscheint in dessen Mitte – eine Energie von tanzender Lebensfreude; du kannst es auch so nennen: in lebendiger Liebe – Sein.

Und hier ein Beispiel:

In der Geschichte „Sie haben Krebs!“
Hm, hier ist keine Ahnung wie, das, was geschah, wie – die Angst als Tanz – und in einer Geschichte beschrieben werden kann, doch da ist die Kraft zu schreiben. –

(Oktober 2000)

Vanessa begleitete Hans-Jürgen ins Krankenhaus. –
Und für Hans-Jürgen war es ein , als ihm gesagt wurde:„ Sie haben Kehlkopfkrebs. – Sie hätten schon früher kommen sollen. Da ist so gut wie kaum noch Hoffnung.“ – Schock! Sprachlosigkeit! – Und dann brüllte Hans-Jürgen vor Angst und Wut: „Wie? Jahre lang habe ich den Ärzten gesagt, dass ich nicht mehr kann – und ich bin wie ein Simulant behandelt worden!“

Schon in dem Augenblick, als Vanessa von dem hört, was der Arzt mitteilt, fiel bei ihr im Kopf alles zusammen – und er war leer.

Da wo gewohnheitsmäßig Angst erscheinen sollte, war plötzlich eine unaussprechliche lebendige, helle Wachheit. – Ihre Hand ergriff die zitternde Hand von Hans-Jürgen. Sein ganzer Körper bebte vor Angst und Wut. –

Dann erschien Ergebenheit in Hans-Jürgen seinem Gesicht; danach Aussichtslosigkeit, und doch an dem Hoffnungsfaden hängend, so wurde Hans-Jürgen operiert. „Es wäre schon wunderbar, wenn ich noch weiter leben darf.“ Sagte Hans-Jürgen hoffungsvoll vor der OP:„Und so gehe ich zuversichtlich zur Operation.“

Für Vanessas Köpfchen war es erstaunlich, dass da, beim Hans-Jürgen, kein Aufwachen aus dem Alptraum geschah, sondern – positives Denken. –
Aha, die Einheit zeigt sich im Geschehen des Lebensspieles als positives Denken.

Und Vanessa konnte gar nicht anders, als immer wieder bei ihm sein, soweit das möglich war.

Dann während der OP. –
Da war diese unglaublich lebendige Energie der Angst, bei Vanessa, die sich in ihrem Zentrum immer mehr wie ein Freudentanz anfühlte, mit einer “leichten“ Bodenbeständigkeit. Da das leise Abheben, für den Verstand plötzlich beängstigend erschien, rief Vanessa, Maria in Stiersbach an, die von sich erzählte, wie sie in einem Flugzeug, das ab zu stürzen schien, in einem Freudentaumel war, wo doch Angst da sein sollte.

Ach so! – Staunen! – Ah, stimmt, Angst zeigt sich gerade als Freudentanz – und schon fiel wieder alles im Kopf zusammen – Leere – in der es tanzt. –

Die Aufmerksamkeit war jetzt da, dem Körper zuzuschauen – und es war, wie ein sanftes Gehaltensein: dieser wilden tanzenden Energie.

Vanessa war es klar, dass keiner es gut heißen würde, wenn der Körper durch das Krankenhaus tanzt. Eigenartigerweise blieb diese enorm, tanzende Lebendigkeit, in einer zarten Bodenbeständigkeit, in dem es bei jeder Bodenberührung zu Lächeln schien. Und im Kopf war Staunen! –

Nach mehr als 9 Stunden, die zeitlos, ewig schienen, sah Vanessa, wie Hans-Jürgen in die Intensivstation gefahren wird. – Doch als sie zu ihm will, glaubt man, sie sei hysterisch, weil von ihr eine unbeschreibliche Freude aus ging. Upps. Erst als der Pfleger ihre ruhige, feste Stimme hörte und sie direkt ansah, konnte Vanessa mit hinzukommen. Hans-Jürgens Gesicht, das es gar nicht zu geben schien, hatte Monsterbäckchen, nein, Monsterbacken. Kopf und Hals waren sehr stark angeschwollen. Und ihn anzusehen war neutral, so still und doch in totaler Liebe. –

Auch nach Stunden konnte Hans- jürgen nicht ganz aus der Narkose zurückgeholt werden. Denn jedes Mal wenn er einwenig zurück kam, gebärdete sich sein Körper wie ein kraftvolles wildes Tier, das sich aufbäumt. – Als ein Arzt kam, teilte er so ziemlich herablassend Vanessa mit, dass die OP zu spät war. – Wumm! – Und bei Vanessa stieg Ärger auf, weil er das in der Gegenwart von Hans- Jürgen so unverblümt und arrogant sagte. „Nein“ versicherte der Arzt, “ das kann er bei so einer tiefen Nakose, wie er sie bekommen hat, nicht hören.“ – (stimmt nicht! Doch dazu später)

Als Vanessa sich nach vielen Stunden müde fragend umsah, sagte der neu hinzu gekommene Pfleger, wenn sie mir ihre Telefon Nummer geben, werde ich sie anrufen, wenn er aus der Narkose aufgewacht ist… Ja, da war Erschöpfung und Ergebenheit – sie wäre so gern geblieben, doch da war keine Kraft, okay, also stimmte es zu gehen. –

Als irgendwann, am Morgen, das Telefon klingelte, beschrieb der Pfleger es so: „Noch nie habe ich das erlebt! Er liegt da und seine Augen strahlen vor Freude. Wie ein kleines Kind schauen sich seine Augen alles sehr ruhig an. Er scheint so glücklich zu sein – zu leben. (Sprechen konnte Jürgen nicht.) Und ich bin dankbar ihnen das mitteilen zu können.“ –

Tage später saßen Hans-Jürgen und Vanessa auf einer Bank in den Parkanlagen vom Krankenhaus. – Es war angenehm warm und Hans-Jürgen schrieb auf seiner Tafel: „ Was war auf der Intensivstation? Bitte!“ und sein Blick war flehendlich. –

Bei Vanessa war Erschrecken. Nun bestätigte sich das, was sie angenommen hatte; nämlich, dass Hans-Jürgen doch was mit bekommen hatte, zu mindest während der Aufwachphase der Narkose. Nur anders als es sich auch ein kluger Kopf nicht vorstellen konnte. Upps. –

Nach längerem Schweigen, stand es also an, Hans-Jürgen mitzuteilen, was der Arzt ihr gesagt hatte, und zwar so, wie sie es für sich sah. – Vanessa nahm Hans-Jürgen dabei ganz sanft in den Arm. Da war große Behutsamkeit. Ich weiß die Worte nicht mehr genau, doch sie wurden klar gesprochen: …. Hey, Süßer, ohne Hoffnung zu leben, lädt ein, bewusst – unmittelbar zu leben. Vertrauen in das Leben heisst, sich dem Leben voll auszuliefern. Also, herzlich willkommen hier in der Lebendigkeit des Lebens, ohne Hoffnung auf irgendwas oder irgendwann – einfach mit dem dasein, was erscheint, hm – Süßer, denn hier ist immer wieder Staunen: jeder Moment ist neu, immer wieder so neu – das Leben in seiner Lebendigkeit ist ein Tanz, ein Feiern dessen, was Ist, denn es ist Liebe, die sich in der Lebendigkeit des Lebens, in seiner ganzen Fülle, einfach in Allem stets neu ausdrückt.“ –

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Ein Gespräch zwischen Hans Jürgen und Vanessa

24.April 2011

Hans Jürgen: „Du, ich weiß gar nicht wie das zu beschreiben ist… Noch nie habe ich mich in einer Wohnung, (auch als Kind bei meinen Eltern nicht) ohne dich oder auch mit dir, so wohl gefühlt, so in Frieden und Geborgenheit.“ –

Und beim Abschied heute, bevor er zu seiner Mutter fuhr, sagte er verschmitzt: „Du, ich verlasse dich jetzt.“ Und Vanessa spielte lächelnd mit: „Aha, du möchtest, dass ich dich vermisse.“ …“ Na klar!“ strahlte Hans Jürgen. – „Was, du möchtest, dass ich leide, mich einsam und verlassen fühle?“ fragte Vanessa ihn zwinkernd, neckend zurück. – „Hm?“ er schüttelte den Kopf. „Nein, das möchte ich nun doch nicht.“… Nach einer Weile, als sie sich im Arm hielten, und dabei anschauten, sagte es aus Vanessa heraus: „Hey…genau so wenig, wie ich dich, in Wahrheit, verlassen kann, kannst du mich verlassen… und das hat nichts mit den scheinbar zwei Körpern zu tun.“ … Mm, und von ihm kam einfach ein lächelndes: „Ja.“

Eine süß-bittere Geschichte: 25.2.2019

…Worte…lassen das Ereignis schwer beschreiben…

Hans-Jürgen, der noch vor Tagen sagte: „Auch wenn wir nicht auf dem Papier verheiratet sind… du bist meine Frau!…schon 30 Jahre … meine Frau!“…

Hans-Jürgen bat im Krankenhaus immer wieder: „… bitte bring mich … nach Hause… Ich möchte … nach Hause… nach Hause… nach Hause…!“

Als er im Auto seines Sohnes saß, strahlte sein Gesicht ganz sanft…

Im Hausflur konnte er dann nicht allein die Treppen bis in den zweiten Stock gehen… Freunde aus dem Haus wollten ihm helfen… Was half, waren die Rettungshelfer, die ihn mit einer Trage hoch trugen…

Als er auf seinem Sofa saß, umfassten im Sitzen seine Arme Vanessa, die vor ihm stand… ganz still…

Dann bat er um eine Scheibe Brot mit seinem Lieblings-Streichkäse…

Nun saßen beide da und aßen miteinander… Die Freunde aus dem Haus waren noch da… Als er allein ins Bad wollte, ließen sie ihn gewähren… Als er ganz langsam zu Boden glitt, bemühten sie sich ihn aufrecht zu halten …was nicht gelang… Bis ins Wohnzimmer zogen sie ihn und versuchten eine Decke unter ihn zu schieben, und gaben es auf… als sie ihm ins Gesicht sahen…

Er atmete sehr langsam… immer langsamer… bis kein Atem mehr wahrzunehmen war… Vanessa saß am Boden und die Hände streichelten seine Brust und sein Gesicht… streichelten… streichelten…und die Freunde lösten sich ab hinter Vanessa am Boden zu sitzen und sie zu halten…

Nun war er Zuhause angekommen… ohne irgendwo hinzugehen… Sein Gesicht… in Friede, wie im Schlaf…

Ringsum warteten alle noch Stunden, bis der Körper hinausgetragen wurde…Fassungslos… wie schnell das geschah… was kein Verstand zu begreifen in der Lage ist…

Was geblieben ist, ist Liebe… eine tiefe, stille Trauer, eine lächelnde, tiefe Dankbarkeit…in dem Lebensspiel… 30 Jahre immer wieder sich ineinander verlieben zu dürfen… 30 Jahre „seine“ Frau sei zu dürfen… und nun …ohne die scheinbare Trennung, mit ihm zu sein… wo die Stille „seine“ lieblichsten Worte sind.

…ohne Geschichte, ist da Nichts… Leere, die in zeitloser Stille…Liebe…ist…

Und Zuhause ist…wo immer du bist…du warst nie woanders… du glaubtest es nur, du hast es nie verlassen…wo solltest du auch hin, als hier … sein.

Und dann, am Samstag, als er zu Vanessa zum Mittagessen kommt…staunt Vanessa, denn was da kommt, ist eine Energie von … unpersönlicher Stille…Nicht kalt, sondern kühl; doch sie bringt einen tiefen Frieden mit sich…Und seine Augen strahlen eine zärtliche Wärme aus…

Als Vanessa ihn anspricht: Wow, magst du mir sagen, was geschehen ist;… da ist bei ihm erst einmal Stille…Dann, sagt er: Ich finde dafür keine Worte…und strahlt Vanessa an…
Nun, sagt Vanessa, ich kann es nur so nennen: das ist ein
…Zuhause Angekommen-Sein…Und er nickt einfach nur…

Das war ein Zuhause Angekommen-Sein; Erwachen ist ein Sterben der Persönlichkeit… bevor der Körper, der am Montag… gestorben ist…dem Wunsch entsprechend; was ein absolutes …
Nach-Hause-kommen, ein… Zuhause Angekommen-Sein…ist.